Kapitalmarktprognose

VÖB erwartet leichten Renditerückgang bei Bundesanleihen

Die Kapitalmarktexperten des VÖB erwarten im weiteren Jahresverlauf sinkende Bundrenditen. Die EZB sollte im Juni eine Zinssenkung vornehmen. Bei der Konjunktur erwarten sie eine leichte Erholung.

VÖB erwartet leichten Renditerückgang bei Bundesanleihen

Die Kapitalmarktexperten des VÖB erwarten, dass sich die Wachstumsflaute in der Eurozone ihrem Ende nähert. Allerdings sehen sie auch nur eine leichte konjunkturelle Erholung. Das weltwirtschaftliche Umfeld zeige aktuell divergierende Tendenzen. Getragen von einem recht starken Arbeitsmarkt laufe die US-Konjunktur sehr robust, während die Erholung in China schleppender vorangehe. Mit den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten bleibe die geopolitische Lage äußerst angespannt, so die Einschätzung der Experten im Rahmen der VÖB-Kapitalmarktprognose, die zur Wochenmitte in Frankfurt stattfand. An der VÖB-Kapitalmarktprognose beteiligen sich die Häuser BayernLB, DekaBank, DZ Bank, Helaba, Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die Nord/LB. Sollte der Nahost-Konflikt weiter eskalieren und zu einem substanziellen Ölpreisanstieg führen, würde die fragile globale Konjunktur weiter belastet und der Rückgang der Inflationsraten sei damit gefährdet.

Inflation lässt nach

Für die Eurozone gibt es nach Einschätzung der Experten spürbare Signale, dass die seit über einem Jahr anhaltende eher schwächere konjunkturelle Entwicklung im weiteren Jahresverlauf zu Ende geht. Auch in Deutschland dürfte es, gestützt von einer nachlassenden Inflation und höheren Löhnen, zu einer leichten konjunkturellen Erholung kommen. Allerdings dürften die Nachfragekräfte insgesamt noch schwach bleiben, während gleichzeitig der Fachkräftemangel zu einer immer ernsteren Wachstumsbremse wird. Die VÖB-Experten prognostizieren für die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in der Bandbreite von 0,2% bis 0,8%. Für das kommende Jahr wird eine Fortsetzung dieses Trends gesehen. Dann sei mit einem Wachstum des BIP in der Größenordnung von 1% bis 1,6% zu rechnen.

An der Inflationsfront rechnen sie nicht mit einem erneuten Aufleben der Teuerung hin zu alten Hochs. Sofern es zu keinen neuen exogenen Preisschocks kommt, rechnen die beteiligten Banken in den kommenden zwölf Monaten mit einer deutschen Inflationsrate in einer Spanne zwischen 2% und 3%. In Euroland insgesamt dürfte sie etwas niedriger liegen. Mittelfristig könnten globale Megatrends wie Deglobalisierung, Dekarbonisierung und die demografische Entwicklung sowie die Digitalisierung wieder für inflationären Druck sorgen.

Aus der Europäischen Zentralbank (EZB) gab es zuletzt immer mehr Signale für eine erste Zinssenkung, während die US-Notenbank angesichts höherer Inflationsraten noch etwas länger abwarten dürfte. So wird am Markt damit gerechnet, dass die europäischen Währungshüter bereits im Juni zur Tat schreiten und für eine Zinssenkung votieren werden. Bei der Fed wird am Markt davon ausgegangen, dass es in der zweiten Jahreshälfte zur Zinswende in den USA kommen wird. „Die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung im Juni ist zuletzt stark gestiegen. Die Entspannung bei den Inflationsraten liefert der EZB dafür den nötigen Spielraum. Sie betont dabei allerdings ihren datenabhängigen Ansatz. Wie viele Zinsschritte im weiteren Jahresverlauf noch folgen, wird daher auch von der Entwicklung der Tariflöhne und der Gefahr von Zweitrundeneffekten abhängen“, so die VÖB-Experten. Die Mehrheit geht bei der EZB von drei Zinsschritten aus. Bei der Fed werden im Schnitt zwei Senkungen des Leitzinses erwartet.

Weg für Lockerung frei

Die wichtigste Grundbedingung ist in diesem Zusammenhang für Thomas Meißner von der LBBW gegeben. Die Inflation im Euroraum sei in den zurückliegenden Monaten weiter gefallen. Es seien nicht nur die rückläufigen Energiepreise, auch ein nachlassender Preisauftrieb für Nahrungsmittel und für bestimmte andere Industriegüter habe hierzu beigetragen. Für Dienstleistungen bleibe der Inflationsdruck indes hoch. „Angesichts dessen hat die EZB vor allem die Lohnentwicklung im Blick. Hier dürften indes im weiteren Jahresverlauf die Nachholeffekte aus der Hochinflationsphase schwächer werden, so dass der Weg für eine umfassendere Lockerung der Geldpolitik frei werden dürfte“, so die Einschätzung von Meißner.

Die VÖB-Experten gehen auch davon aus, dass es bei den Renditen, d.h. bei den Bundesanleihen, zu Rückgängen kommen wird. Bei der zehnjährigen Bundrendite erwarten sie, dass das Niveau von 2% aber nicht unterschritten wird. Sie sehen auf die Anleger eine Seitwärtsbewegung zukommen und dass die Zinsstrukturkurve der Bundesanleihen bis zum Jahresende auf eine Verflachung zusteuert. Für einen stärkeren Rückgang unter die Marke von 2% bei der zehnjährigen Bundesanleihe sieht Ulf Krauss von der Helaba hingegen wenig Potenzial. „Der Abbau der Wertpapierbestände bei den Notenbanken bei gleichzeitig relativ hoher staatlicher Emissionstätigkeit spricht gegen ein Absinken der zehnjährigen Bundrendite unter die 2%-Marke“, so der Kapitalmarktexperte. Hinzu komme die Unsicherheit über den langfristigen Inflationspfad aufgrund struktureller Veränderungen wie etwa die Demografie oder die Deglobalisierung. „Langfristig erwarten wir die Kapitalmarktzinsen daher eher im Gravitationsbereich der 3%-Marke“, so Krauss.

„Das lange Ende der Zinskurven wurde in den vergangenen Jahren stark von statischen Käufen der Zentralbanken dominiert“, hält Michael Klawitter von der DekaBank fest. Nun müssten die Fälligkeiten an den Märkten von „normalen“ Investoren absorbiert werden. Laufzeitprämien müssten im Umfeld erhöhter Unsicherheit bei der Inflationsentwicklung und damit für die Geldpolitik erhöht bleiben. Trotz des schwachen Wachstums in der Eurozone sollten die Realrenditen erhöht bleiben. Vor allem in den USA seien die Kapitalmarktrenditen im bisherigen Jahresverlauf spürbar gestiegen, während das Zinsniveau zuvor noch zurückgegangen war. Angesichts der geopolitischen Lage dürften die Unsicherheiten an den Märkten nach Ansicht der Experten weiter hoch bleiben.

VÖB sieht Renditeknick bei Bundesanleihen

Konjunkturelle Erholung in der Eurozone erwartet – EZB-Leitzinssenkung für Juni prognostiziert – Zinskurve wird flacher

Die Experten des VÖB erwarten eine leichte konjunkturelle Erholung in der Eurozone in diesem Jahr. Die EZB sollte im Juni mit Zinssenkungen beginnen. Bei den Renditen der Bundesanleihen sehen sie aber keinen deutlicheren Rückgang unter die Marke von 2%.

kjo Frankfurt
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