Dritter Anstieg in Folge

Ifo-Geschäftsklima markiert Wendepunkt

Das Ifo-Geschäftsklima signalisiert mit dem dritten Anstieg in Folge die Wende. Die Unternehmen schätzen sowohl die aktuelle Lage als auch die Entwicklung besser ein als zuletzt. Ökonomen rechnen aber nicht mit einem dynamischen Aufschwung.

Ifo-Geschäftsklima markiert Wendepunkt

Ifo-Geschäftsklima markiert Wendepunkt

Dritter Anstieg in Folge − Dienstleister schreiten voran − Industrie und Bau bereiten weiter Sorgen

Das Ifo-Geschäftsklima signalisiert im April mit dem dritten Anstieg in Folge die Wende zum Besseren. Die Unternehmen schätzen sowohl die aktuelle Lage als auch die Entwicklung der kommenden Monate besser ein als zuletzt. Ein dynamischer Aufschwung sei allerdings nicht zu erwarten, mahnen Ökonomen.

ba Frankfurt

Bei Verbrauchern scheint die Konsumfreude zurückzukehren – und damit hebt sich auch die Stimmung der deutschen Unternehmen. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im April um 1,5 auf 89,4 Punkte gestiegen. Mit dem dritten Anstieg in Folge – der etwas stärker als mit den erwarteten 88,8 Zählern ausgefallen ist – markiert das wichtigste Frühbarometer für die hiesige Konjunkturentwicklung einen Wendepunkt. Die Wirtschaft dürfte die Talsohle im Winterhalbjahr durchschritten haben und nun sollte es aufwärtsgehen, so die Lesart. Allerdings mahnen Ökonomen weiter zur Vorsicht. Noch sind weder die strukturellen Probleme gelöst, noch hat sich die geopolitische Lage verbessert und die für Juni erwartete erste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte die Konjunktur auch erst im kommenden Jahr so richtig anschieben.

Dienstleister und Handel kommen voran

„Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich aus ihrer Schwächephase heraus“, kommentierte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. Besonders bei konsumnahen Dienstleistern und im Einzelhandel gehe es bergauf. „Die Verbraucher scheinen etwas konsumfreudiger zu werden“, sagte der Ifo-Umfragechef. „Reallohnzuwächse spielen dabei eine Rolle.“ In vielen Branchen wurden jüngst kräftige Lohnerhöhungen vereinbart; im Frühling stehen in weiteren Branchen Tarifverhandlungen an, in denen ebenfalls hohe Forderungen seitens der Gewerkschaften auf dem Tisch liegen. Zugleich geht die Inflation weiter zurück, sodass den privaten Haushalten mehr Kaufkraft bleibt. Dennoch sind sowohl bei den Dienstleistern als auch im Handel die Unternehmen weiter skeptisch mit Blick auf die kommenden Monate.

Industrie schwächelt

Ebenso wie bei dem am Dienstag veröffentlichten Einkaufsmanagerindex zeigt auch die Ifo-Umfrage, dass die Industrie im Gegensatz zu den Dienstleistern kaum vorankommt. Dem verarbeitenden Gewerbe mangelt es an Aufträgen, die Auslandsnachfrage schwächelt und die Auftragsbestände sinken. Produktionssteigerungen sind der Ifo-Umfrage zufolge nicht in Sicht. Die Exporterwartungen sind laut Wohlrabe sogar leicht gesunken: „Da ist im Moment wenig Dynamik drin.“

Bau verharrt in Krise

Die Baubranche wiederum steckt weiter in der Krise, auch wenn sich hier das Geschäftsklima den dritten Monat in Folge leicht aufgehellt hat. „Der Auftragsmangel bleibt hier ein zentrales Problem“, betonte Wohlrabe. Daran werde sich angesichts hoher Finanzierungskosten und in den vergangenen Jahren deutlich teurer gewordener Materialien so schnell auch nichts ändern.

Ökonomen erwarten wenig dynamisches Wachstum

Ökonomen erwarten, dass sich die Wirtschaft nun langsam erholt. „Die Lagebeurteilung lässt für Konjunkturoptimismus aber weiter keinen Raum“ und das Meiste der Stimmungsverbesserung gehe auf die schnelllebigen Erwartungen zurück, mahnt etwa Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Von nun an sollte die deutsche Wirtschaft wieder wachsen, nachdem sich die Unternehmen an die höheren Leitzinsen gewöhnt haben und die Energiekosten wieder gefallen sind“, urteilt Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. „Dennoch stehen wir nicht vor einem starken Aufschwung, weil die Standortqualität seit den Merkel-Jahren erodiert und die Bundesregierung nicht entschlossen gegensteuert.“ Auch für den privaten Konsum, den Ökonomen als erneuten Wachstumstreiber ausmachen, droht Gegenwind: „Die steigende Zahl von Insolvenzen sowie die Ankündigung einzelner Unternehmen, Arbeitsplätze zu streichen, erhöhen das Risiko einer Abschwächung des Jobmarktes“, so ING-Chefökonom Carsten Brzeski.


Zum Interview mit Ifo-Präsident Clemens Fuest zum Umfrageergebnis im April: https://youtu.be/iZcJQfcGoMw


Creditreform-Umfrage zeigt trübes Bild im Mittelstand

Ein deutlich trüberes Bild des hiesigen Mittelstands ergibt hingegen die Frühjahrsumfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung. Der unter rund 1.250 kleinen und mittleren Unternehmen erhobene Creditreform Geschäftsklimaindex (CGK) zur Beurteilung der Wirtschaftslage sank auf minus 1,4 Punkte. Damit verzeichne der Sektor erstmals seit dem Frühjahr 2009, also zur Zeit der globalen Finanzkrise, ein überwiegend negatives Stimmungsbild. „Die Hoffnung auf eine Konjunkturerholung nach dem dritten Krisenjahr wird sich nicht erfüllen“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Die aktuell schwache Baukonjunktur und Industrieproduktion sowie die steigenden Bürokratiebelastungen würden die Geschäftsentwicklung im Mittelstand erheblich bremsen. Neben den Kriegen in Osteuropa und im Vorderen Orient trage auch die derzeitige Wirtschaftspolitik zur hohen Verunsicherung bei.

Auch habe die rückläufige Inflation „noch keine positiven Effekte hinterlassen“, betonte Hantzsch. Weiterhin würden die Nachwirkungen der Teuerung überwiegen und der Mittelstand schätze die weitere Auftrags- und Umsatzentwicklung eher pessimistischer ein als in den Vorjahren. Hohe Finanzierungskosten und pessimistische Konjunkturaussichten würden zudem die Investitionsbereitschaft erheblich dämpfen. Die Investitionsneigung ist der Umfrage zufolge so niedrig wie zuletzt während der Finanzkrise 2009. „Ohne Investitionen verlieren die Unternehmen an Wettbewerbsfähigkeit. Für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland ist das eine schwere Belastung“, mahnt Hantzsch. Ein weiteres Warnsignal ist die geringere Bereitschaft, neues Personal einzustellen: „Erstmals seit fast 20 Jahren ist die Beschäftigung im Mittelstand nicht mehr gewachsen.“ Die aktuellen Personalplanungen im Mittelstand seien sogar zurückhaltender als während der Corona-Zeit.

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