KommentarSchwacher Jahresauftakt

Autobauer in der strategischen Zwickmühle

Es gibt reichlich Ursachen, die Autobauer anführen, wenn die Zahlen nicht stimmen. 2024 müssen Modellwechsel herhalten – dabei gibt es andere Ursachen, wenn auch keine einfache Lösung.

Autobauer in der strategischen Zwickmühle

Autohersteller

Strategische Zwickmühle

Von Sebastian Schmid

Es gibt reichlich Gründe, die Autobauer anführen, wenn die Zahlen nicht stimmen. 2024 müssen Modellwechsel herhalten – dabei gibt es andere Ursachen.

Was haben Stellantis, Volkswagen und Mercedes-Benz gemeinsam? Alle drei Autobauer sind schlecht ins Jahr gestartet. Doch die Gemeinsamkeiten gehen weiter. Haben Unterbrechungen der Lieferkette oder ein anderer externer Schock für die schwachen Zahlen gesorgt? Nein, es waren offenbar Modellwechsel, die kosten- und erlösseitig zugeschlagen haben.

Die Investoren zeigen für diesen offensichtlichen Vorwand indes wenig Verständnis. Für die Vorzüge von Volkswagen ging es um 4,6% nach unten, die Mercedes-Aktie gab um gut 5% nach und Stellantis-Anteile verbilligten sich sogar um 10%. Schuld sind nicht nur gefallene Erlöse und Margen. So langsam sickert die Erkenntnis durch, dass die Aufstellung der Autobauer nicht ganz so zukunftssicher ist wie versprochen. Beispiel Mercedes: Der Absatz batterieelektrischer Autos ist im ersten Quartal um 8% gesunken, obwohl er global wie auch in allen wichtigen Weltmärkten gestiegen ist. Mercedes begründet die Absatzschwäche im stark wachsenden chinesischen E-Auto-Markt auch damit, dass sich der Premiumanbieter nicht am Preiskampf beteiligen wolle. Doch warum erodiert die Marge dann auch ohne den Einstieg in den Preiskampf so kräftig?

Die europäischen Autobauer sind vom hiesigen Regulierer womöglich aufs falsche Gleis gesetzt worden. Eine aktuelle Studie zeigt jedenfalls, dass der von der Europäischen Union vorgegebene Pfad in Richtung E-Mobilität nicht für eine schnellere Adaption sorgt. In Deutschland und den USA können sich – trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen – einer Studie von Kantar zufolge jeweils knapp 40% der Befragten vorstellen, dass ihr nächstes Auto ein batterieelektrisches wird. In China ist der Anteil doppelt so hoch. Das sind für westliche Autobauer gleich doppelt schlechte Nachrichten. Denn in China sind sie mit ihrer Kostenstruktur nicht konkurrenzfähig. In den alternden Gesellschaften in Europa und den USA wächst das Kundeninteresse hingegen kaum. Ein Dilemma, das sich kaum auflösen lässt. Die Hersteller sind in einer strategischen Zwickmühle aus Erwartungen von Kunden, Investoren und Regulierern gefangen. Wie sie sich daraus befreien wollen, bleiben sie schuldig. Daher dürfte das Misstrauen der Investoren auf Sicht zurecht anhalten – und weiter Kurs-Gewinn-Verhältnisse im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich bedeuten. Modellwechsel werden daran fundamental nichts ändern können.