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Der große Coup der Bürgermeisterin

MIt einem genialen Schachzug, durch den zwei Mannschaften der Profiligen NBA und NHL in der US-Hauptstadt bleiben werden, ist Washingtons Bürgermeisterin im Ansehen der Wähler deutlich gestiegen.

Der große Coup der Bürgermeisterin

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Der große Coup der Bürgermeisterin

Von Peter De Thier

Selten kommt es vor, dass Sport das Schicksal eines Politikers bestimmen kann. Muriel Bowser, seit 2015 die Bürgermeisterin der US-Hauptstadt Washington, D.C., könnte aber mit einem Überraschungscoup eine vierte Amtszeit sichergestellt haben. Ihr ist es gelungen, im Tauziehen um die Zukunft der Eishockeymannschaft Washington Capitals („Caps“) und der NBA-Basketballer Washington Wizards sicherzustellen, dass diese in der Hauptstadt bleiben werden. Geplant war nämlich, dass die Teams ins benachbarte Virginia abwandern. „Washingtonians“ – die Hauptstadtbürger – feiern nun die Bürgermeisterin wie eine Heldin.  

Im Mittelpunkt des Dramas stehen der Multimilliardär Ted Leonsis und Virginias Gouverneur Glenn Youngkin. Leonsis ist Gründer der Sportmanagement-Firma Monumental Sports and Entertainment, der die Capitals und Wizards gehören. Nun kennen sich zwei der wohlhabendsten Washingtonians – Youngkins Vermögen wird auf 500 Mill. Dollar geschätzt – seit Jahren. Ende 2023 waren es aber gemeinsame Interessen, die sie an einen Verhandlungstisch brachten. Der Gouverneur wollte die Profi-Teams um jeden Preis nach Virginia holen. Leonsis hegte hingegen schon seit langem Pläne, wegen der gewalttätigen Zwischenfälle in Washington seine Teams in einer besseren Nachbarschaft anzusiedeln.

Kurz vor Weihnachten schien der Deal perfekt zu sein. Leonsis würde seine Mannschaften in die historische Stadt Alexandria am gegenüberliegenden Ufer des Potomac-Flusses verlegen. Dafür sollte er eine neue Arena sowie 500 Mill. Dollar an Steuernachlässen vom Staat Virginia erhalten. Unterschrieben war der Vertrag aber noch nicht, und prompt witterte die Bürgermeisterin ihre Chance. Sie lud Leonsis zu Cocktails im schmucken Waldorf Astoria Hotel ein, traf ihn zum Abendessen und besuchte Wizards- sowie Caps-Spiele, in der Ehrenloge des Milliardärs, versteht sich.

Unterdessen konnte der Gouverneur nicht ahnen, dass Bowser hinter den Kulissen mit Washingtons Stadtrat verhandelt hatte und Leonsis eine deutlich attraktivere Offerte machen konnte: Seine Firma würde neben Steuernachlässen 20.000 Quadratmeter an Büro und Ladenflächen in der feinen „Gallery Place“-Mall direkt neben der Sportarena bekommen. Auch versprach sie, mit einem verstärkten Polizeiaufgebot während der Sportveranstaltungen die Sicherheit zu erhöhen. Dann versüßte sie das Angebot mit einem 400 Mill. Dollar teuren „Aktionsplan“ für die Modernisierung des Stadtteils Chinatown, wo die Mannschaften zu Hause sind. 

Das Ergebnis: Leonsis unterschrieb, im Rathaus knallten die Champagnerkorken, die Caps und Wizards bleiben in Washington, und Bowser ist beliebter denn je. Unterdessen steht Youngkin wie ein begossener Pudel da. Nicht so schlimm, denn als Gouverneur von Virginia kann er nur eine Amtszeit absolvieren, und der Multimillionär gilt bereits als einer der Favoriten für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2028.

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