KommentarEhemaliger Marktführer

Triste Aussichten für Volkswagen in China

Den rasanten Hochlauf der Elektromobilität in China hat VW unterschätzt. Die beste Zeit in ihrem weltgrößten Einzelmarkt haben die Wolfsburger, so scheint es, hinter sich.

Triste Aussichten für Volkswagen in China

Volkswagen

Tristesse in China

Von Carsten Steevens

Für Volkswagen ist China nach wie vor der wichtigste Einzelmarkt. Jedes dritte Fahrzeug weltweit verkauft der Konzern hier. Das Geschäft mit Verbrennerfahrzeugen ist weiterhin hochprofitabel und trägt dazu bei, den Wandel zum Hersteller vollvernetzter Elektroautos zu finanzieren. Die Wachstumsperspektiven im Zukunftssegment der Automobilbranche sind in China vielversprechend und deutlich besser als etwa in Europa. Doch für die Wolfsburger war es im Reich der Mitte nie ungemütlicher, seit sie als erster internationaler Fahrzeugbauer den Markt vor vier Jahrzehnten betraten und es bis zur Marktführerschaft brachten.

Seit 2015 hat sich das anteilige operative Ergebnis der Joint-Venture-Gesellschaften, das sich im Konzerngewinn und Cashflow auswirkt, auf 2,6 Mrd. Euro halbiert. Nicht nur die Folgen der Coronakrise haben den Rückgang ab 2020 beschleunigt, sondern auch der Umbruch der Autoindustrie. Den rasanten Hochlauf der Elektromobilität in China hat VW massiv unterschätzt. Der Nimbus als Marktführer bei Verbrennermodellen vernebelte lange den Blick auf die Notwendigkeit, radikal umzusteuern.

Das tut der Konzern inzwischen. Entwicklungszeiten werden verkürzt. Weitere Partnerschaften mit lokalen Elektrospezialisten und Softwareunternehmen sollen regionale Kundenbedürfnisse besser adressieren. Zugleich intensiviert VW Kostensenkungen, um im wichtigen Einstiegssegment der Kompaktklasse die Wettbewerbsposition zu verbessern. Doch die Tristesse in China wird andauern.

Ein wettbewerbsfähiges Produktangebot wird VW frühestens in der zweiten Hälfte der Dekade aufbieten können. Ein weiter verschärfter Preiskampf, der Anbietern mit dünner Kapitaldecke zum Verhängnis werden und zu einer weiteren Markenbereinigung in China führen dürfte, verschlechtert bis auf Weiteres die Ergebnisaussichten. Das beim Kapitalmarkttag in Peking avisierte anteilige operative Ergebnis der Joint-Venture-Unternehmen von 3 Mrd. Euro entspricht dem Niveau von 2021. Die besten Zeiten in China, so scheint es, hat VW hinter sich.

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