Hauptversammlung

Berlusconis Media for Europe mischt ProSiebenSat.1 auf

Der Großaktionär MFE scheitert auf der Hauptversammlung von ProSiebenSat.1 nur knapp mit dem Vorschlag für eine Aufspaltung des Konzerns. In anderen Punkten setzt sich MFE durch. Der Druck auf den Vorstand wächst.

Berlusconis Media for Europe mischt ProSiebenSat.1 auf

Berlusconis Media for Europe mischt ProSiebenSat.1 auf

Italienischer Großaktionär erzielt Abstimmungserfolge auf Hauptversammlung

jh München
Bericht Seite 11

Der italienische Großaktionär Media for Europe (MFE) ist ganz knapp mit seinem Antrag gescheitert, eine Aufspaltung von ProSiebenSat.1 vorbereiten zu lassen. Auf der Hauptversammlung erhielt dieser Vorschlag fast 71% Ja-Stimmen und verfehlte somit nur leicht die notwendige Dreiviertelmehrheit. In einigen anderen Punkten setzte sich MFE aber durch, unter anderem mit der Abberufung des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Rolf Nonnenmacher und der Wahl von zwei Gegenkandidaten in das Kontrollgremium.

Unmittelbar nach dem Abstimmungsergebnis gegen 18 Uhr am Dienstag teilte MFE mit: „Wir erwarten, dass sich das Management von ProSiebenSat.1 und der Aufsichtsrat in dieser neuen Zusammensetzung sofort an die Arbeit machen, um greifbare Ergebnisse zu erzielen, die den Wert des Unternehmens zum Nutzen aller Aktionäre steigern werden.“ Das lässt erkennen, dass die von Pier Silvio Berlusconi geführte MFE den Druck auf den Vorstand um den Vorsitzenden Bert Habets erhöht.

TV-Manager im Aufsichtsrat

MFE und auch der zweite größere Aktionär, die tschechische Beteiligungsgruppe PPF, setzten sich mit ihren Gegenvorschlägen für die Wahlen zum Aufsichtsrat durch: Der Investmentbanker Leopoldo Attolico auf Vorschlag von MFE erhielt 71,8% Ja-Stimmen, der deutsche Fernsehmanager Christoph Mainusch auf Vorschlag von PPF 72,2%. Rund 64% des Grundkapitals waren vertreten. MFE hält einen Anteil von knapp 30% der Stimmrechte, PPF rund 12%. Da es für die von MFE beantragte Abberufung von Nonnenmacher gut 61% Ja-Stimmen gab, konnten die Italiener auch den Wirtschaftsprüfer Simone Scettri aus Rom als neues Aufsichtsratsmitglied durchsetzen.

Habets hatte auf der virtuellen Veranstaltung seine Ablehnung des Vorschlags von MFE für eine Abspaltung des E-Commerce- und Datinggeschäfts vom Unterhaltungssegment bekräftigt: „Das erreicht weder das Ziel der Wertmaximierung noch der Entschuldung.“ Deshalb sei es sowohl für das Unternehmen als auch für die Aktionäre nicht attraktiv. „Der viel bessere Weg ist der Verkauf einzelner Beteiligungen“, fügte er hinzu. Finanzvorstand Martin Mildner bestätigte, der Verkauf des Verbraucherportals Verivox und der Online-Parfümerie Falconi würden vorbereitet. Ziel sei, in diesem Jahr Abschlüsse zu erreichen, wenn die Marktbedingungen günstig seien.

„Leere Versprechen“

Eine Sprecherin von MFE hatte in der Generaldebatte gesagt, MFE sei enttäuscht von den vielen leeren Versprechen des Vorstands und der verspielten Zeit. Dessen Strategie habe bisher keine nennenswerten Werte geschaffen. Entschlossenes und rasches Handeln sei erforderlich.

In der Abstimmung setzte sich MFE auch mit ihrer Ablehnung einer Reorganisation im ProSiebenSat.1-Konzern durch. Die einfache Mehrheit von knapp 53% genügte dem Unternehmen nicht. Der Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Wiele sagte, wegen der Ablehnung könnten Verlustvorträge der Streaming-Plattform Joyn nun nicht genutzt werden. Damit entgingen dem Unternehmen eine Steuerersparnis in dreistelliger Millionenhöhe und Zinserträge.

Entlastung verweigert

Auf Verlangen von MFE wurde Rolf Nonnenmacher abberufen. Er war stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats und Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Als einzigem Aufsichtsrat wurde ihm zudem die Entlastung verweigert. Er bekam nur 48% Ja-Stimmen. MFE hielt Interessenkonflikte Nonnenmachers im Zusammenhang mit Compliance-Verstößen der Tochtergesellschaft Jochen Schweizer Mydays für möglich.